Die Not in der Nachkriegszeit
„Der grausame Krieg war vorbei, die Städte lagen in Trümmer, überall noch Armut und Not. In der Gmunder Schule gab es 1945 weit über 550 Kinder. In sechs Räumen musste der Unterricht im „Schichtbetrieb” ablaufen.
Ab September war Erika Holcak in der 7. Klasse der Volksschule in Gmund Lehrerin. Sie hat sich über die sozialen Verhältnisse in ihrer Klasse Gedanken gemacht und einiges aufgeschrieben. Heute, 65 Jahre später, kann man über die damaligen Verhältnisse nur staunen.
Erika Holcak hatte 52 Schülerinnen in der Klasse, vier waren evangelisch, vier Flüchtlinge, einige evakuiert. Fünf Schülerinnen fehlte das Schuhwerk, es mangelte an Kleidung und Strümpfen. Die Schulräume waren wegen Kohlenmangel schlecht beheizt. Von sechs Kindern war der Vater im Krieg gefallen. Bei 80% der Schülerinnen spielte sich das Leben in zwei Zimmern ab, fünf Schülerinnen lebten mit den Eltern in einem Raum.
Das Verhältnis zwischen Einheimischen und Flüchtlingen war verträglich. Zum Monatsende hatten viele nur trockenes Brot als Pause, und manche sagten zu Bauernkindern: „Laß mich einmal von deinem Butterbrot abbeißen.” Ein Segen war die Schulspeisung. Ich erinnere mich noch gut an die Kniegl Babette und die Frau Bade, die beim Austeilen halfen. Pfarrer Otto Heichele sah auch immer nach, ob alles seine Richtigkeit hat.
Für 52 Schülerinnen gab es bei der Lesestunde nur 25 Bücher. Einige junge Mütter verkehrten mit den Amerikanischen Besatzern, kein gutes Vorbild für die Kinder, die mit der Mutter auf engstem Raum zusammenlebten.
Die Lehrerin besuchte die Familien der Schülerinnen und versuchte zu helfen und zu beraten. „Mein stetes Ziel ist dabei die Harmonie in den Herzen zu schaffen und durch Güte und Verständnis ihre seelische Zerrissenheit zu heilen”, schreibt sie in ihrem Bericht. Langsam besserten sich die Verhältnisse an den Schulen im Ort und im ganzen Land.